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Aktuelle Urteile zum Arbeitsrecht

MPK | Melzer Penteridis Kampe Rechtsanwälte veröffentlichen an dieser Stelle mit einem deutlichen zeitlichen Vorsprung vor den Printmedien brandaktuelle Urteile und Beschlüsse aus dem Bereich des Arbeitsrechts. 

Die Übersicht über die arbeitsrechtlichen Entscheidungen und Trends in der Rechtsprechung wird laufend aktualisiert von MPK-Partnerin Rechtsanwältin Ines Kampe LL.M., Fachanwältin für Arbeitsrecht, die Mitglied des Arbeitsgerichtstages ist.

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Aktuelle Rechtsprechung zum Arbeitsrecht

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Kündigung des Arbeitsverhältnisses „zum nächstmöglichen Termin“

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 16. Juni 2021 – 10 Sa 122/21

Kündigt ein Arbeitgeber fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin und benennt als Beendigungstermin ein konkretes Datum mit versehentlich zu lang gewählter Kündigungsfrist, kann die Auslegung nach dem Empfängerhorizont trotz des erkennbaren, schnellstmöglichen Beendigungswillens des Arbeitgebers die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erst zu dem genannten Datum ergeben.


Anspruch auf Urlaubsabgeltung, Reichweite eines Prozessvergleichs bei Erledigung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 09. Juni 2021 – 3 Sa 82/21

1. Der Abgeltungsanspruch entsteht mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Wegfall des Abgeltungsverbots.

2. Der Streit über die Wirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses führt nicht zu einer späteren Entstehung und Fälligkeit des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung.

3. Die Vereinbarung der Erteilung einer ordnungsgemäßen Abrechnung des Bruttomonatsgehalts für einen bestimmten Monat erfasst nicht einen nicht erwähnten Urlaubsabgeltungsanspruch.

4. Die in einem Prozessvergleich vereinbarte Klausel „Mit Erfüllung des Vergleichs sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit ihm in Verbindung stehen, erledigt“ erfasst auch Ansprüche auf Urlaubsabgeltung.


Rückforderung einer Corona-Sonderzahlung

ArbG Oldenburg, Urteil vom 25. Mai 2021 – 6 Ca 141/21

1. Eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine Rückzahlungspflicht für eine Sonderzahlung in Bezug auf die Corona-Pandemie in Höhe von 550,- € bei einer Bindungsdauer von zwölf Monaten vorsieht, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, unwirksam (s. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB).

2. Ferner ist eine solche Rückzahlungsklausel nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn mit ihr zumindest auch erbrachte Arbeitsleistung honoriert werden soll. Ein Indiz hierfür ist, wenn die Sonderzahlung „einmalig steuerfrei in Bezug auf die Corona-Pandemie“ gezahlt wird.


Prozessbeschäftigung – eigenmächtiger Antritt des Urlaubs

BAG, Urteil vom 20. Mai 2021 – 2 AZR 457/20

Der eigenmächtige Antritt eines vom Arbeitgeber nicht gewährten Urlaubs durch den Arbeitnehmer ist bei einer Prozessbeschäftigung durch auflösend bedingte Fortsetzung des Arbeitsvertrags „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien darzustellen.


Aufhebungsvertrag – Anfechtung – Drohung mit Kündigung – Drohung mit Strafanzeige – Gebot fairen Verhandelns

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 17.05.2021 – 18 Sa 1124/20

1. Die Drohung des Arbeitgebers, er werde, falls der Arbeitnehmer sich nicht mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages einverstanden erklärt, das Arbeitsverhältnis fristlos aufkündigen, ist rechtswidrig, wenn eine Inadäquanz zwischen dem eingesetzten Mittel (der angedrohten Kündigung) und dem erstrebten Zweck (dem Abschluss des Aufhebungsvertrages) besteht, so dass ein verständiger Arbeitgeber den Ausspruch einer Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Die Drohung ist dann rechtswidrig, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen muss, dass die Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhält, wenn also der Drohende selbst nicht an seine Berechtigung glaubt oder sein Rechtsstandpunkt nicht mehr vertretbar ist.

2. Die eigenmächtige, ohne sachlichen Grund vorgenommene Veränderung/Herabsetzung von Einkaufspreisen im Warenwirtschaftssystem des Arbeitgebers stellt eine erhebliche Verletzung vertraglicher Nebenpflichten durch den Arbeitnehmer dar.

3. Eine schwere Nebenpflichtverletzung rechtfertigt den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung, wenn diese die für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien zerstört.

4. Einer Abmahnung bedarf es nicht, wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist.

5. Im Rahmen der hypothetischen Prüfung, ob ein verständiger Arbeitgeber den Ausspruch einer fristlosen Kündigung in Betracht gezogen hätte, ist auch die Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist zu berücksichtigen.

6. Die Androhung einer Strafanzeige zum Zwecke der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses ist nur dann als unangemessen und damit rechtswidrig anzusehen, wenn dies das Ergebnis einer Gesamtwürdigung aller Umstände unter besonderer Berücksichtigung der Belange sowohl des Bedrohten als auch des Drohenden ist. Maßgeblich ist, ob ein verständiger Arbeitgeber eine Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen würde. Die Drohung mit einer Strafanzeige zum Zwecke des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages ist jedenfalls dann nicht widerrechtlich, wenn die zur Anzeige zu bringende Straftat zugleich eine Vertragspflichtverletzung von solchem Gewicht darstellt, dass ein verständiger Arbeitgeber eine den Regelungen des Aufhebungsvertrages in etwa entsprechende Kündigung ernsthaft in Betracht ziehen durfte.

7. Die Einwilligung zum Abschluss eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrages kann nicht gemäß § 355 BGB widerrufen werden.

8. Formularmäßige Abreden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen, sind aus Gründen der Vertragsfreiheit gemäß § 307 Abs 3 S 1 BGB regelmäßig von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs 1 S 1 BGB ausgenommen. Darum unterliegt in einem Aufhebungsvertrag die Beendigungsvereinbarung als solche ebenso wenig einer Angemessenheitskontrolle wie eine Abfindung, die als Gegenleistung für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses etwaig gezahlt wird.

9. Das Gebot fairen Verhandelns verpflichtet den Arbeitgeber nicht, eine für den Vertragspartner besonders angenehme Verhandlungssituation zu schaffen. Eine Verhandlungssituation ist dann als unfair zu bewerten, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht. Die Nutzung eines Überraschungsmoments (Überrumpelung) kann die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners beeinträchtigen.

10. Wird dem Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit eröffnet, einen Rechtsbeistand zum Gespräch über die Verhandlung eines Aufhebungsvertrages hinzuzuziehen oder zu konsultieren, liegt darin kein Verstoß gegen die Grundsätze des fairen Verhandelns. Soweit vertreten wird, dem Arbeitnehmer stehe das Recht zu, einen Rechtsanwalt zum Anhörungsgespräch im Vorfeld einer Verdachtskündigung hinzuzuziehen, ist dies den Besonderheiten der Verdachtskündigung geschuldet und lässt sich auf die Verhandlung über einen Aufhebungsvertrag nicht übertragen.

11. Der Arbeitnehmer wird beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages unter Verstoß des Gebots des fairen Verhandelns überrumpelt, wenn das Gespräch nicht in seinem privaten Umfeld, sondern während der Arbeitszeit im Betrieb des Arbeitgebers geführt wird. Der Arbeitnehmer muss damit rechnen, dass er während der Arbeit auf Änderungs- oder Aufhebungsverträge angesprochen wird. Die besondere Ankündigung eines solchen Gesprächs ist nicht erforderlich.


Ausschluss der ordentlichen Kündigung – AGB-Kontrolle – Weiterbildung zum Facharzt

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.05.2021 – 1 Sa 12/21

Eine Vertragsklausel, wonach das zum Zwecke der Weiterbildung abgeschlossene Arbeitsverhältnis eines in der Weiterbildung zum Facharzt befindlichen approbierten Arztes nach Ablauf der Probezeit erst nach 42 Monaten nach Beginn des Arbeitsverhältnisses ordentlich gekündigt werden kann, benachteiligt den in der Weiterbildung befindlichen Arzt entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.


Arbeitsrecht: Vergleichsmehrwert – Festsetzung – Sozialplanabfindung – Höhe – Freistellung – Arbeitszeugnis

Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 03.05.2021 – 12 Ta 90/21

1. Wünscht ein Beschwerdeführer eine Beschränkung der Beschwerde im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens auf lediglich einen Teilaspekt der Vergleichswertfestsetzung, ist dies nicht statthaft. Eine Beschränkung auf die Beschwerdebegründung ist ebenso wenig anzuerkennen, wie es der Beschwerdeführer in der Hand hätte, nur Teilaspekte einer Vergleichswert – oder Verfahrenswertfestsetzung prüfen zu lassen. Er kann allerdings die Beschwerde auf die Vergleichswertfestsetzung oder auf die Verfahrenswertfestsetzung jeweils als Ganzes beschränken. Bei der Überprüfung der Gegenstandswertfestsetzung ist jedoch, soweit Beschwerden nicht von beiden Beteiligten eingelegt worden sind, das bestehende Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) zu beachten.

2. Das Verschlechterungsverbot steht aber einer Verrechnung von zu niedrig und zu hoch angesetzten Bewertungen einzelner Positionen nicht entgegen. Gegenstand der Festsetzung und damit des Beschwerdeverfahrens nach § 33 Abs 3 RVG ist nicht die Bewertung eines bestimmten Streitgegenstands, sondern die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit.

3. Für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts und für die damit verbundene Erhöhung der Anwaltsgebühren muss hinsichtlich mitgeregelter Ansprüche feststellbar sein, dass sie vor dem Abschluss des Vergleichs streitig oder ungewiss waren. Hierzu genügen weder die Vergleichsverhandlungen als solche, noch Regelungen, durch welche Leistungspflichten erstmals begründet oder beseitigt werden, die Rechtsverhältnisse lediglich klarstellen oder auf sonstige Weise ausschließlich vorstellbaren – also nicht tatsächlich bestehenden – Streit der Parteien vermeiden. Gibt es keine konkrete Auseinandersetzung über einen in dem Vergleich mitgeregelten Gegenstand, scheidet hinsichtlich seiner ein Vergleichsmehrwert aus.

4. Anderes gilt, wenn durch den Vergleichsschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder ein tatsächlich bestehender außergerichtlicher Streit erledigt und/oder die tatsächliche Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Dann ist der Vergleichsmehrwert mit dem Wert eines klageweise verfolgten Hauptsacheanspruchs zu bewerten.

5. Der grundsätzliche Ausschluss von Abfindungszahlungen bei der Gegenstandswertfestsetzung nach § 42 Abs 2 S 1 GKG gilt nicht uneingeschränkt. Wird zwischen den Parteien über eine Sozialplanabfindung gestritten, richtet sich der Wert nach dem streitigen Betrag.

6. Eine Freistellung wirkt lediglich in den Fällen werterhöhend, in welchen diese für Zeiten nach Abschluss des Vergleichs vereinbart wird. Freistellungszeiträume vor Abschluss des Vergleichs spielen insoweit keine Rolle.

7. Die in einem Vergleich mitgeregelte Zeugniserteilungspflicht ist lediglich dann mit einem Gehalt zu berücksichtigen, wenn im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung eine Regelung zum Arbeitszeugnis mit inhaltlichen Festlegungen zu Leistung und Verhalten in den Vergleich aufgenommen wird, ohne dass der Zeugnisanspruch bereits Gegenstand der Klage war.

8. Gestützt auf den von der Streitwertkommission der Arbeitsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalog wird ein Vergleichsmehrwert bei unstreitigen und gewissen Ansprüchen, deren Durchsetzung jedoch ungewiss ist, für das Titulierungsinteresse mit 20 % des Wertes des Anspruchs angenommen. Ein solches Titulierungsinteresse liegt bezüglich einer mitgeregelten Zeugniserteilungspflicht nicht nur dann vor, wenn der Arbeitgeber vor Abschluss des Vergleichs erfolglos zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses aufgefordert worden ist, sondern auch dann, wenn das Zeugnis inhaltliche Festlegungen zu Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers enthält oder eine Verpflichtung des Arbeitgebers begründet, konkreten Formulierungswünschen des Arbeitnehmers nachkommen zu müssen, soweit sie mit dem Grundsatz der Zeugniswahrheit in Einklang stehen.


Außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist bei Alkoholerkrankung

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.04.2021 – 5 Sa 331/20

1. Krankheit kann ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs 1 BGB sein. Grundsätzlich ist dem Arbeitgeber aber die Einhaltung der Kündigungsfrist zuzumuten. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in eng begrenzten Fällen in Betracht, etwa wenn die ordentliche Kündigung aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen oder kirchlichen Arbeitsbedingungen ausgeschlossen ist. In diesem Fall kann ein Sachverhalt, der bei einem Arbeitnehmer ohne Sonderkündigungsschutz nur eine ordentliche Kündigung rechtfertigen würde, gerade wegen der infolge des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung langen Bindungsdauer einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung für den Arbeitgeber iSd. § 626 Abs 1 BGB darstellen. Zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs muss dann allerdings zugunsten des Arbeitnehmers zwingend eine der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist eingehalten werden. Überdies muss der Prüfungsmaßstab den hohen Anforderungen Rechnung tragen, die nach § 626 Abs 1 BGB an eine außerordentliche Kündigung zu stellen sind.

2. Wenn im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt ist, der Arbeitnehmer biete aufgrund einer Alkoholsucht dauerhaft nicht die Gewähr, in der Lage zu sein, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen, kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein. Voraussetzung ist, dass daraus eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen folgt, diese durch mildere Mittel – etwa eine Versetzung – nicht abgewendet werden kann und sie auch bei einer Abwägung gegen die Interessen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden muss. Für die Prognose im Hinblick auf die weitere Entwicklung einer Alkoholerkrankung kommt es entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung bereit ist, eine Entziehungskur bzw. Suchttherapie durchzuführen. Lehnt er das ab, kann erfahrungsgemäß davon ausgegangen werden, dass er von seiner Alkoholabhängigkeit in absehbarer Zeit nicht geheilt wird. Ebenso kann eine negative Prognose dann berechtigt sein, wenn der Arbeitnehmer nach abgeschlossener Therapie rückfällig geworden ist.


Anspruch auf qualifiziertes und wohlwollendes Arbeitszeugnis aus Vergleich – Dank und gute Zukunftswünsche – Bedauern über Ausscheiden

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2021 – 3 Sa 800/20

1. Vereinbaren die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erteilung eines „qualifizierten wohlwollenden Arbeitszeugnisses“, lässt sich daraus allein die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Ausspruch von Dank und guten Zukunftswünschen im zu erteilenden Zeugnis nicht herleiten.

2. Allerdings hat ein Arbeitnehmer, dem ein einwandfreies Verhalten und (zumindest leicht) überdurchschnittliche Leistungen attestiert werden, einen Rechtsanspruch auf den Ausspruch von Dank und guten Wünschen für die Zukunft im Arbeitszeugnis, soweit dem nicht im Einzelfall berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Das folgt aus dem Rücksichtnahmegebot gemäß § 241 Abs. 2 BGB, welches die Leistungspflicht nach § 109 GewO insoweit konkretisiert.

3. Ein Rechtsanspruch auf die Äußerung eines – tatsächlich nicht vorhandenen – Bedauerns über das Ausscheiden des Mitarbeiters besteht hingegen nicht. Dem stünde die Wahrheitspflicht entgegen.


Teilkündigung zur Lohnreduzierung

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 25.02.2020 – 5 Sa 132/19

1. Zur Auslegung eines als „Änderungskündigung Lohn zum 01.01.2019“ bezeichneten Schreibens der Arbeitgeberin.

2. Eine Änderungskündigung im Sinne des § 2 Satz 1 KSchG setzt voraus, dass der Arbeitgeber den Willen zu erkennen gibt, sich von dem Arbeitnehmer endgültig zu trennen, sollte dieser den vorgeschlagenen Vertragsänderungen nicht zustimmen.

3. Teilkündigungen, mit denen der Kündigende einzelne Vertragsbedingungen gegen den Willen der anderen Vertragspartei einseitig ändern will, sind grundsätzlich unzulässig. Sie stellen einen unzulässigen Eingriff in das ausgehandelte Äquivalenz- und Ordnungsgefüge des Vertrags dar.


Unwirksame Änderungskündigung – Entgeltreduzierung – Verjährung – Verfall

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.05.2020 – 14 Sa 521/19

1. Der Arbeitnehmer, der ein auf Entgeltreduzierung gerichtetes Änderungsangebot gemäß § 2 KSchG unter Vorbehalt annimmt, muss zunächst bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Änderungskündigungsschutzprozess zu den geänderten Arbeitsbedingungen arbeiten. Erst mit Rechtskraft einer für den Arbeitnehmer günstigen Entscheidung können die früheren Arbeitsbedingungen rückwirkend wiederhergestellt werden, § 8 KSchG.

2. Es spricht nichts dafür, dass der Arbeitnehmer die mit einer Änderungsschutzklage erstrittene Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungskündigung nicht zur Grundlage für die Durchsetzung auch von Entgeltansprüchen machen will. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Fälligkeit der Vergütung durch die Änderungsschutzklage hinausgeschoben wird.

3. Soweit weitere Zahlungsansprüche nicht Gegenstand der Änderungsschutzklage sind und damit nicht von der Wirksamkeit der Änderungskündigung abhängen, können diese der Verjährung oder dem Verfall anheimfallen.


Außerordentliche Kündigung – anonyme Anzeige gegen Arbeitgeber – Beweislast – außerordentliche Verdachtskündigung

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.08.2020 – 3 Sa 52/20

1. Zur Unwirksamkeit einer außerordentlichen Tatkündigung nach § 626 Abs 1 BGB wegen der unbewiesenen Behauptung, der Arbeitnehmer habe eine anonyme Anzeige getätigt und damit öffentliche Kritik am Arbeitgeber geübt, die angebliche Missstände anprangert.

2. Zur Unwirksamkeit einer außerordentlichen Verdachtskündigung mangels Vorliegens eines dringenden Tatverdachts des Arbeitnehmers.

3. Ein dringender Tatverdacht liegt vor, wenn bei kritischer Prüfung eine auf Indizien gestützte große Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche Pflichtverletzung gerade des gekündigten Arbeitnehmers besteht.


Kündigung – Abmahnung – Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – Nichterbringen der Arbeitsleistung – Schadensersatz – Abfindung – Karenzentschädigung

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 25.06.2020 – 6 Sa 664/19

1. Die bloße Tatsache, dass eine Arbeitsunfähigkeit kurze Zeit nach Erteilung einer Abmahnung begonnen hat, ist nicht geeignet, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern.

2. Haben die Parteien im Arbeitsvertrag eine GPS-Überwachung zur „Kilometer- und Arbeitszeitdokumentation“ vereinbart, ist es am Arbeitgeber, seine Behauptung, der Kläger habe nicht gearbeitet, unter Zuhilfenahme dieser Daten zu konkretisieren. Ein bloßes Bestreiten der Arbeitsleistung reicht nicht.

3. Der Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB stellt üblicherweise eine Kombination aus Ersatz des aufgrund der fristlosen Kündigung entgangenen Entgelts und einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsverhältnisses dar. Dabei besteht kein Anlass, bei einer groben Vertragspflichtverletzung des Arbeitgebers, die Abfindung auf die Hälfte des regelmäßigen Monatsbruttoentgelts pro Beschäftigungsjahr zu beschränken.


Auflösungsverschulden – Kündigungsberechtigung – Insolvenzverwalter – Zeitpunkt – Eröffnung Insolvenzverfahren

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3.06.2020 – 4 Sa 109/18

1. Ein Entschädigungsanspruch nach § 628 Abs 2 BGB wegen des Verlustes des Bestandsschutzes ist dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Arbeitnehmerkündigung das Arbeitsverhältnis seinerseits selbst hätte kündigen dürfen. Dies ist anzunehmen, wenn ein Kündigungsgrund im Sinne der § 1 Abs 2 KSchG oder § 626 BGB bzw. § 15 Abs 4 oder 5 KSchG bestanden hätte (hier: Betriebsstilllegung).

2. Erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 InsO das Recht der Insolvenzschuldnerin, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

3. Ein sogenannter starker vorläufiger Insolvenzverwalter ist gemäß § 22 Abs 1 Nr 2 InsO zunächst verpflichtet, ein Unternehmen, das der Schuldner betreibt, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden.

4. Ein Insolvenzverwalter ist bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens als sogenannter schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter nicht berechtigt, Kündigungen gegenüber Arbeitnehmern auszusprechen bzw. eine Entscheidung zu treffen, den Betrieb stillzulegen.


Kündigungsschutz – Abberufungsschutz

Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 19.02.2020 – 2 Sa 274/19

Ein wichtiger Grund für die Abberufung einer Datenschutzbeauftragten liegt insbesondere nicht darin, einen internen Datenschutzbeauftragten durch einen externen Datenschutzbeauftragten aus organisatorischen, finanziellen oder personalpolitischen Gründen zu ersetzen.


Unverhältnismäßigkeit einer Kündigung – chaotische Kassenführung – Manko

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 30.01.2020 – 6 Sa 467/19

1. Gehört das Führen einer Kasse zu einem Anteil von etwa einem Dreißigstel der Arbeitszeit zu den Aufgaben eines nicht kaufmännisch ausgebildeten Arbeitnehmers, so reicht ohne Hinzutreten weiterer Tatsachen die Feststellung einer chaotischen Kassenführung (drei Geldkassetten, ein Sparschwein, Zettelwirtschaft, Kassenmanko iHv. drei Bruttomonatsentgelten) als Kündigungsgrund nicht aus.

2. Insbesondere wenn der Arbeitgeber erst nach sieben Jahren erstmals die Kasse eingehend prüft, und bei der Feststellung von Leistungsmängeln des Arbeitnehmers bei der Kassenführung nicht zunächst den Weg einer engeren Mitarbeiterführung einer Fortbildung, eines externen Coachings etc. beschreitet, so stellen sich Abmahnung und Kündigung als unverhältnismäßig dar.


Betriebsbedingte Kündigung – wirksame Anhörung Betriebsrat

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 20.02.2020 – 5 Sa 1313/19

1. Der Arbeitgeber muss deutlich machen, dass er das Anhörungsverfahren nach § 102 Abs 1 BetrVG einleiten will. Eine ausdrückliche Aufforderung an den Betriebsrat, er möge zu der Kündigungsabsicht Stellung nehmen, ist dann nicht erforderlich, wenn er der Mitteilung des Arbeitgebers entnehmen kann, dass dieser damit den Zweck verfolgt, seiner Anhörungspflicht nach § 102 Abs 1 BetrVG zu genügen. Dabei ist maßgebend, wie der Betriebsrat die Erklärung des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände verstehen musste. Es ist der objektive Erklärungswert der Mitteilung festzustellen. Der Betriebsrat muss erkennen können, dass er zu einer bestimmten Kündigung Stellung nehmen soll. Das ist schon wegen des Beginns der Frist nach § 102 Abs 2 BetrVG von entscheidender Bedeutung.

2. Hat sich der Arbeitnehmer rechtzeitig iSv. §§ 4, 6 KSchG auf eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 Abs 1 S 3 BetrVG berufen, ist es Sache des Arbeitgebers, im Prozess die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats darzulegen und ggf. zu beweisen.

3. Der Arbeitgeber ist auch bei Vorliegen eines Interessenausgleichs und selbst bei Vereinbarung einer Namensliste verpflichtet, den Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG zu einer beabsichtigten Kündigung anzuhören. Die Betriebsratsanhörung unterliegt insoweit keinen erleichterten Anforderungen. Allerdings muss der Arbeitgeber die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses und der Sozialauswahl zugrundeliegenden Tatsachen, die dem Betriebsrat bereits aus den Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleichs bekannt sind, im Anhörungsverfahren nicht erneut mitteilen. Das Verfahren nach § 102 BetrVG kann mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbunden werden.


Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.10.2020 – 3 Sa 109/20

1. Eine sexuelle Belästigung im Sinne des § 3 Abs 4 AGG stellt nach § 7 Abs 3 AGG eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar. Sie ist „an sich“ als wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs 1 BGB geeignet.

2. Eine sexuelle Belästigung im Sinne von § 3 Abs 4 AGG liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. Zu dem insoweit unerwünschten Verhalten können auch Bemerkungen sexuellen Inhalts gehören, insbesondere, wenn ein etwa von Entwürdigung oder Beleidigung gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird, wobei unmaßgeblich ist, wie der Beschäftigte, der das unerwünschte Verhalten an den Tag legt, dieses selbst einschätzt und empfindet oder verstanden wissen will.

3. Ein Irrtum des Arbeitnehmers über die Unerwünschtheit seiner Verhaltensweisen kann bei der Interessenabwägung aber auch dann zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, wenn er die Fehleinschätzung hätte vermeiden können.

4. § 12 AGG gewährt kein besonderes Kündigungsrecht. Abs 3 der Vorschrift konkretisiert lediglich den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Welche Maßnahmen der Arbeitgeber als verhältnismäßig ansehen darf, hängt von den konkreten Umständen ab.


Betriebsbedingte Kündigung – wirksame Betriebsratsanhörung

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 11.02.2020 – 7 Sa 1149/19

1. Die Einleitung des Anhörungsverfahrens durch den Arbeitgeber hat den Zweck, den Betriebsrat zu einer Stellungnahme zu der beabsichtigten Kündigung zu veranlassen. Daher ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Stellungnahme zu einer konkreten Kündigungsabsicht auffordert. Eine ausdrückliche Aufforderung an den Betriebsrat, zu der beabsichtigten Kündigung Stellung zu nehmen, ist nur dann nicht erforderlich, wenn der Betriebsrat der Mitteilung des Arbeitgebers entnehmen kann, dass er damit den Zweck verfolgt, seiner Anhörungspflicht nach § 102 Abs 1 BetrVG zu genügen. Aus den Gesamtumständen muss sich für den Betriebsrat ergeben, dass mit einer Mitteilung ein Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG eingeleitet werden soll. Der Betriebsrat muss erkennen können, dass er zu einer bestimmten Kündigung Stellung nehmen soll. Das ist schon wegen des Beginns der Frist des § 102 Abs 2 BetrVG von zentraler Bedeutung.

2. Es verbleibt aber bei der Aufforderung zur Stellungnahme, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls die vom Arbeitgeber erklärte Kündigungsabsicht und auch die mitgeteilten Kündigungsgründe nicht ohne weiteres als Einleitung des Kündigungsverfahrens aufgefasst werden können.

3. Das Verfahren nach § 102 BetrVG kann mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbunden werden. Die Möglichkeit, beide Verfahren miteinander zu verbinden, bedeutet jedoch nicht, dass bereits in den Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich zugleich seine Anhörung nach § 102 BetrVG zu den auszusprechenden Kündigungen zu sehen wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Berufungskammer anschließt, unterliegt die Betriebsratsanhörung in solchen Fällen keinen erleichterten Anforderungen. Sollen Interessenausgleich und Betriebsratsanhörung miteinander verbunden werden, so ist das schon bei der Einleitung des Beteiligungsverfahrens klarzustellen.


Aufhebungsvertrag – Anfechtung – Drohung mit Kündigung

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 23.11.2020 – 1 Sa 1878/19

Widerrechtlich ist eine Drohung mit einer Kündigung dann, wenn ein verständiger Arbeitgeber in der konkreten Situation den Ausspruch einer Kündigung nicht ernsthaft erwogen hätte. Dabei ergibt sich die Widerrechtlichkeit der Drohung regelmäßig nur aus der Inadäquanz von Mittel und Zweck. Hat der Drohende kein berechtigtes Interesse daran, den verfolgten Zweck zu erreichen, ist die Drohung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben – § 242 BGB – nicht mehr als ein angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen und damit widerrechtlich. Die Widerrechtlichkeit der Kündigungsandrohung entfällt nicht erst dann, wenn sich die angedrohte Kündigung hypothetisch in einem Kündigungsschutzprozess auch als rechtswirksam erweisen würde. Sie ist allerdings gegeben, wenn der Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen musste, die angedrohte Kündigung werde – müsste sie ausgesprochen werden – einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten. Denn ein verständiger Arbeitgeber würde in einer solchen Situation eine Kündigung als ein inadäquates Mittel nicht in Erwägung ziehen.


Beabsichtigte Stilllegung – betriebsbedingte Kündigung – Stilllegungsbeschluss – gemeinsamer Betrieb

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 03.02.2020 – 1 Sa 120/19

1. Will der Arbeitgeber als betriebsbedingten Kündigungsgrund seinen Entschluss zur Betriebsstilllegung anführen und ist bestritten, dass dieser Stilllegungsbeschluss im Kündigungszeitpunkt gefasst gewesen sei, so muss er substantiiert darlegen, dass und zu welchem Zeitpunkt er diejenigen organisatorischen Maßnahmen, die sich rechtlich als Betriebsstilllegung darstellen, geplant hat.

2. Von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen ist auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen technischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird.

3. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Kündigungszeitpunkt ein gemeinsamer Betrieb bestanden hat, trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer. Mit Rücksicht auf seine typischerweise mangelhafte Kenntnis vom Inhalt der zwischen den beteiligten Unternehmen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen kommen ihm dabei Erleichterungen zugute.


Außerordentliche Kündigung – Annahmeverzug – Kurierfahrer – Einsatzverbot durch Kunden – Hausverbot – „Offboarding“

Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 03.03.2021 – 2 Sa 323/20

1. Das Einsatzverbot eines Kurierfahrers einer Spedition („Offboarding“ ) durch deren einzigen Kunden („Offboarding“ ) stellt für sich genommen keinen wichtigen Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar. Es führt auch nicht zur Leistungsunfähigkeit des Kurierfahrers iSv. § 297 BGB, wenn es auf einem vertraglichen Mitspracherecht des Kunden bei der Auswahl der Kurierfahrer beruht.

2. Ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB kann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer auf Grund von Umständen, die in seiner Sphäre liegen, zu der nach dem Arbeitsvertrag vorausgesetzten Leistung auf unabsehbare Dauer nicht mehr in der Lage ist. Darin liegt regelmäßig eine schwere und dauerhafte Störung des vertraglichen Austauschverhältnisses, der der Arbeitgeber, wenn keine andere Beschäftigungsmöglichkeit besteht, mit einer außerordentlichen Kündigung begegnen kann. Dies gilt allerdings nur ausnahmsweise, insbesondere wenn eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen ist.

3. Will der Arbeitgeber gegen Entgeltforderungen aufrechnen, kann er grundsätzlich nur gegen den Nettolohnanspruch aufrechnen, er bleibt zur Abführung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet. Im Fall der Entgeltüberzahlung ebenso wie bei Rückforderungen von Einmalzahlungen kann der Arbeitgeber nur die Nettozuvielzahlung zurückfordern und diese gegen den Nettolohnanspruch des Arbeitnehmers aufrechnen.


Versetzung – Kündigung einer Nebenabrede zum Dienstort – Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.03.2020 – 6 Sa 321/19

1. Die einseitige Änderung einzelner Vertragsbedingungen durch Kündigung ist, da sie das vereinbaret Ordnungs- und Äquivalenzgefüge eines Vertrages stört, grundsätzlich unzulässig, es sei denn dem Kündigenden wurde das Recht hierzu wirksam eingeräumt.

2. Eine solche Teilkündigung darf nicht zur Umgehung zwingender Kündigungsvorschriften führen.

3. Haben die Arbeitsvertragsparteien von vornherein den Dienstort, als Ort an dem der Arbeitnehmer seine Pflicht zur Arbeitsleistung zu erfüllen hat, unter den Vorbehalt der Kündbarkeit durch den Arbeitgeber – unter Einhaltung einer Kündigungsfrist – gestellt, werden keine zwingenden Kündigungsschutzvorschriften umgangen und bleibt das Äquivalenzgefüge gewahrt, wenn ansonsten die Tätigkeit und die Vergütung des Klägers unangetastet bleiben.

4. Darin liegt weder eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers nach § 307 Abs 1 S 1 BGB noch ist eine solche Vereinbarung nach § 308 Nr 4 BGB unwirksam.

5. Bei der Prüfung, ob eine Maßnahme nach § 315 BGB nach billigem Ermessen getroffen worden ist, sind nicht die Erwägungen des Bestimmungsberechtigten relevant, sondern allein, ob da Ergebnis der getroffenen Entscheidung den gesetzlichen Anforderungen genügt.


Fristlose (Verdachts-)Kündigung, Weiterbeschäftigungsanspruch, Annahmeverzug

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 22.05.2020 – 4 Sa 5/20

Einzelfall einer unwirksamen außerordentlichen Verdachtskündigung, weil kein dringender Verdacht einer Vorteilsnahme durch den klagenden Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Beauftragung und Durchführung privater Handwerkerdienstleistungen besteht, da die beklagte Arbeitgeberin wesentliche Aspekte nicht aufgeklärt hat, so dass die Ereignisse auch genauso durch ein Verhalten zu erklären sind, das keine außerordentliche Kündigung rechtfertigt


Verhaltensbedingte Kündigung – Störung des Betriebsfriedens – Auflösungsantrag Arbeitgeberseite

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2020 – 14 Sa 525/19

1. Allein eine Beeinträchtigung des Betriebsfriedens ohne konkrete Feststellung einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung reicht noch nicht aus, um einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund annehmen zu können.

2. Einzelfall zu einer verhaltensbedingten Kündigung wegen behaupteter Störung des Betriebsfriedens, da Kollegen sich über den zu kündigenden Arbeitnehmer beschwert haben und Diskussionen und Streitigkeiten den betrieblichen Ablauf stören. Eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, die ohne vorherige Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertige, konnte vorliegend mangels konkreter Vorwürfe nicht angenommen werden.

3. Einzelfall zur Abweisung eines Auflösungsantrags nach § 9 Abs 1 S 2 KSchG, da zumindest nicht festgestellt werden kann, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist.


Fristlose Kündigung wegen privater Internetnutzung

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 07.02.2020 – 4 Sa 329/19

Die private Nutzung von Internet und E-Mail am Dienst-PC trotz entsprechendes Verbots während der Arbeitszeit rechtfertigt jedenfalls dann eine fristlose Kündigung, wenn der Arbeitnehmer sowohl an mehreren Tagen durchgehend und als auch über Monate hinweg regelmäßig URL-Aufrufe und E-Mails zu privaten Zwecken getätigt hat. Dies gilt umso mehr, wenn zwischen den einzelnen URL-Aufrufen ein Zeitraum von weniger als ein bis zwei Minuten liegt, denn dazwischen kann keine Arbeitsleistung erbracht worden sein.


Krankheitsbedingte Kündigung – negative Gesundheitsprognose – ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.06.2020 – 3 Sa 127/19

1. Zwar ist Krankheit nicht grundsätzlich als wichtiger Grund i. S. d. § 626 BGB ungeeignet. An eine Kündigung wegen Erkrankung eines Arbeitnehmers ist aber schon bei einer ordentlichen Kündigung ein strenger Maßstab anzulegen. Zudem soll insbesondere die tarifliche Unkündbarkeit ältere Arbeitnehmer gerade auch vor einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist wegen krankheitsbedingter Leistungsmängel schützen.

2. Das schließt es andererseits nicht aus, dass in eng zu begrenzenden Ausnahmefällen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber unzumutbar i. S. d. § 626 Abs 1 BGB sein kann. Da die Einhaltung der Kündigungsfrist immer zumutbar sein dürfte, wird dies in der Regel nur bei einem Ausschluss der ordentlichen Kündigung aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarung in Betracht kommen, z. B. bei dauerndem Unvermögen des Arbeitnehmers zur Erbringung seiner Arbeitsleistung, wobei grundsätzlich eine der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuhalten ist.

3. Eine negative Gesundheitsprognose liegt dann vor, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aufgrund objektiver Tatsachen damit zu rechnen ist, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft seinem Arbeitsplatz krankheitsbedingt in erheblichem Umfang (aufgrund häufiger Kurzerkrankungen oder aufgrund einer lang anhaltenden Erkrankung) fernbleiben wird.

4. Es ist nicht stets erforderlich, die Sechs-Wochenfrist des EntgFG vor dem Ausspruch einer Kündigung abzuwarten. Die negative Gesundheitsprognose ist auch dann begründet, wenn der Arbeitnehmer erst kurze Zeit erkrankt ist und die konkreten Umstände (etwa unfallbedingte schwere Verletzungen) die Prognose einer lang andauernden Erkrankung dennoch rechtfertigen.

5. Im Rahmen einer krankheitsbedingten Kündigung können bei der Interessenabwägung die Krankheitsursachen von Bedeutung sein. In aller Regel ist dem Arbeitgeber die Hinnahme einer Beeinträchtigung seiner betrieblichen Interessen eher zuzumuten, wenn die Gründe für die Arbeitsunfähigkeit im betrieblichen Bereich liegen. Das schließt es in Fällen dauerhafter Leistungsunfähigkeit oder völliger Ungewissheit über die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers nicht aus, im Einzelfall das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses höher zu bewerten, auch wenn die Leistungsunfähigkeit z. B. im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall steht.

6. Die Verpflichtung des Arbeitgebers nach § 84 Abs 2 SGB 9 gegenüber Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkranken, ein BEM durchzuführen, besteht unabhängig von der Art und den Ursachen der Erkrankung. Auch wenn krankheitsbedingte Fehlzeiten auf unterschiedlichen Grundleiden beruhen, kann sich aus ihnen – zumal wenn sie auf eine generelle Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers hindeuten – eine Gefährdung des Arbeitsverhältnisses ergeben, der das BEM entgegenwirken soll.

7. Der Arbeitgeber muss im Rahmen von § 102 BetrVG die aus seiner Sicht die Kündigung begründenden Umstände so genau und umfassend darlegen, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über seine Stellungnahme schlüssig zu werden.(Rn.128) Zu berücksichtigen ist aber, dass der Arbeitgeber im Rahmen des § 102 BetrVG nur die aus seiner Sicht tragenden Umstände mitteilen muss. Erst eine bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung führt zu einer fehlerhaften Anhörung. Zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information des Betriebsrats gehört auch die Unterrichtung über dem Arbeitgeber bekannte und für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsame Tatsachen, die den Arbeitnehmer entlasten und deshalb gegen den Ausspruch einer Kündigung sprechen können.


Außerordentliche Kündigung des stellvertretenden Bundesvorsitzenden einer Gewerkschaft

OLG Frankfurt, Urteil vom 01.09.2020 – 4 U 46/19

1. Eine außerordentlichen Kündigung (hier: des stellvertretenden Bundesvorsitzenden einer Gewerkschaft für das Fahrpersonal der Eisenbahnunternehmen) kann unwirksam sein, wenn eine Vertretungsmacht des geschäftsführenden Vorstandes hierfür und ein außerordentlicher Grund für eine Kündigung des Dienstverhältnisses fehlen.

2. Der geschäftsführende Vorstand einer Gewerkschaft ist bei Ausspruch der Kündigung mangels Beschlussfassung des Hauptvorstandes über eine Kündigung des Dienstverhältnisses nicht berechtigt, die Gewerkschaft gegenüber dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden in Bezug auf die Kündigung des auch nach seiner Amtsenthebung fortbestehenden Dienstverhältnisses des stellvertretenden Bundesvorsitzenden als Mitglied des Bundesvorstandes der Gewerkschaft zu vertreten, wenn die Gewerkschaft nach ihrer Satzung in Bezug auf die Dienstverhältnisse der Mitglieder ihres geschäftsführenden Bundesvorstandes durch ihren Hauptvorstand vertreten wird.

3. Dies führt dazu, dass der nach der Satzung für die Kündigung des Dienstvertrages organschaftlich vertretungsberechtigte Hauptvorstand eine Genehmigung der vom geschäftsführenden Vorstand erklärten außerordentlichen Kündigung innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB erklären muss.

4. Ein wichtiger Grund für eine Kündigung des Dienstverhältnisses kann nicht daraus hergeleitet werden, dass der stellvertretende Bundesvorsitzende sich für eine Darlehensgewährung für einen anderen stellvertretenden Bundesvorsitzenden ausgesprochen hat, wenn die Vorlage des Darlehensantrags in der Sitzung des geschäftsführenden Vorstands und die Befürwortung einer Darlehensgewährung nicht auf eine Verwirklichung des strafrechtlichen Tatbestands der Untreue oder des Tatbestandes der Beihilfe zum Betrug gerichtet waren und nicht den Rückschluss zulassen, dass der stellvertretende Bundesvorsitzende die Vermögensinteressen der Gewerkschaft schädigen oder gefährden wollte.


Außerordentliche Kündigung wegen Kirchenaustritts – ordentlich unkündbarer Koch in evangelischer Kindertagesstätte

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.02.2021 – 4 Sa 27/20

1. Der Verbleib in der christlichen Religionsgemeinschaft ist im Hinblick auf die Bedeutung der beruflichen Tätigkeit eines Kochs in einer Kita für die Bekundung des Ethos nicht notwendig, somit nicht „wesentlich“.

2. Ist wie vorliegend eine ordentliche Kündigung aus personenbezogenen Gründen nicht möglich, so ist im Regelfall zur Meidung einer Benachteiligung des ordentlich unkündbaren Mitarbeiters gegenüber ordentlich kündbaren Mitarbeitern bei einer ausnahmsweise zulässigen außerordentlichen Kündigung zumindest eine der (fiktiven) Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuräumen.


Entschädigungsanspruch nach AGG – Benachteiligung wegen des Geschlechts


Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 17.01.2020 – 4 Sa 862/17

Die Vermutungs- bzw. Indizwirkung des § 22 AGG greift bzgl. einer Diskriminierung wegen des Geschlechts ein, wenn ein Arbeitgeber (Rechtsanwalt) im Nachgang zu einer Kündigung der gekündigten Arbeitnehmerin, die zuvor eine Fehlgeburt hatte, schriftlich mitteilt, dass sie, wenn ihre Lebensplanung schon beim Einstellungsgespräch war, kurzfristig schwanger zu werden, für die zu besetzende Stelle (Dauerarbeitsplatz) nicht in Frage kommt. Eine derartige Äußerung belegt, dass die kurz zuvor ausgesprochene Kündigung wegen befürchteter Beeinträchtigungen des Arbeitsverhältnisses infolge einer zukünftigen Schwangerschaft ausgesprochen wurde. Damit ist das Geschlecht der gekündigten Arbeitnehmerin in diskriminierender Weise Teil des Motivbündels bzgl. des Kündigungsentschlusses. In konkreten Einzelfall gelang dem Arbeitgeber der „Entlastungsbeweis“ nicht.


Ordentliche Kündigung einer Hausangestellten

BAG, Urteil vom 11.06.2020 – 2 AZR 660/19

1. Die Herausnahme von Arbeitsverhältnissen, die nach ihrem Inhalt nur in einem privaten Haushalt durchzuführen sind, aus dem Anwendungsbereich von § 622 Abs 2 BGB mangels Zugehörigkeit zu einem Unternehmen steht im Einklang damit, dass ein Arbeitgeber, der einen Arbeitsvertrag allein für seinen Privathaushalt abschließt, nicht als Unternehmer iSv. § 14 Abs 1 BGB handelt, weil die Führung eines privaten Haushalts keine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit darstellt.

2. Die Auslegung von § 622 Abs 2 BGB, wonach Arbeitsverhältnisse, die nach ihrem Inhalt ausschließlich in einem privaten Haushalt durchzuführen sind, nicht von seinem Anwendungsbereich erfasst werden, ist unter Beachtung des dem Gesetzgeber zur Verfügung stehenden Regelungsspielraums verfassungskonform.

3. Wird ein außerhalb eines Privathaushalts durchgeführtes Arbeitsverhältnis von einer Vertragspartei ordentlich gekündigt, ist regelmäßig von der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bis zum Ende einer – ggf. auch verlängerten – Kündigungsfrist auszugehen.

4. Dem Arbeitgeber ist die Beschäftigung eines Hausangestellten in seinem – des Arbeitgebers – privaten Haushalt nach einer wirksamen ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses für den Lauf einer sich nach § 622 Abs 2 BGB bestimmenden Kündigungsfrist nicht zumutbar. Arbeitsleistungen von Hausangestellten sind regelmäßig durch eine besondere Nähe des Arbeitnehmers zur privaten Lebensführung des Arbeitgebers und ggf. von dessen Familienmitgliedern gekennzeichnet. Sie werden vertragsgemäß in dem (höchst-)persönlichen, zur Wahrung der Menschenwürde besonders wichtigen, dem Kernbereichsschutz des Art 13 Abs 1 GG unterliegenden Rückzugsraum des „Haushaltsinhabers“ erbracht.

5. Der Senat muss nicht über die Frage befinden, inwieweit der Anwendungsbereich des Unionsrechts durch die vorstehende Auslegung von § 622 Abs 2 BGB eröffnet ist. Selbst wenn dies der Fall wäre und sich die gegenüber Arbeitnehmern von Unternehmen unterschiedliche Behandlung der ausschließlich in Privathaushalten Beschäftigten am Maßstab des in Art 21 Abs 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) niedergelegten primärrechtlichen Verbots ua. der Diskriminierung wegen des Geschlechts sowie von Art 14 Abs 1 Buchst c der Richtlinie 2006/54/EG beurteilte, wäre die in Betracht kommende mittelbare Benachteiligung von weiblichen Hausangestellten durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die eingesetzten Mittel wären zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich.


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