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Private Krankenversicherung (PKV)

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Aktuelle Urteile zur privaten Krankenversicherung (PKV)

MPK | Melzer Penteridis Kampe Rechtsanwälte veröffentlichen an dieser Stelle mit einem deutlichen zeitlichen Vorsprung vor den Printmedien brandaktuelle Urteile und Beschlüsse der Zivilgerichte zur privaten Krankenversicherung, die im Bereich des Versicherungsrechts einen Schwerpunkt in unserer täglichen Arbeit darstellt. Unsere spezialisierten Fachanwälte für Medizinrecht und Versicherungsrecht halten als gefragte Dozenten auf diesem Fachgebiet regelmäßig Vorträge und publizieren zum Recht der Personenversicherung in Fachzeitzeitschriften

Die Übersicht über die versicherungsrechtlichen Entscheidungen und Trends in der Rechtsprechung wird laufend aktualisiert von MPK-Partner Rechtsanwalt Melzer, Fachanwalt für Medizin- und Versicherungsrecht, der Mitglied im Fachanwaltsausschuss für Versicherungsrecht der Rechtsanwaltskammer (RAK) Hamm ist.

Arbeitsunfähigkeit, vollständige, AU-Bescheinigung, AU-Attest, MB/KT, Krankentagegeld, Berufsunfähigkeit, BU-Versicherung, Stundenplan, Tätigkeiten, Gutachten, Sachverständige, AU-Gutachten, Erwerbsunfähigkeit, Prognose, mehr als 50%, Obliegenheitsverletzung, Anfechtung, Arglist, Rücktritt, Gesundheitsfragen, Makler, Versicherungsagent, Falschangaben

Aktuelle Rechtsprechung zur privaten Krankenversicherung

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Krankentagegeldversicherung: Rückforderung kann treuwidrig sein, wenn Tagegeld vorbehaltslos gewährt wurde und das Fehlen bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit erst durch ein späteres Gutachten festgestellt wird

OLG Saarbrücken, Urteil vom 16.06.2021 – 5 U 57/20

Einem Krankentagegeldversicherer, der seine zunächst vorbehaltlos erbrachten Leistungen auf Grundlage einer späteren Begutachtung des Versicherungsnehmers wegen hierbei festgestellter Berufsunfähigkeit nach Ablauf der vereinbarten Karenzfrist eingestellt hat, kann es nach Treu und Glauben versagt sein, sich zur Begründung einer Rückforderung im Nachhinein auf das seinerzeitige Fehlen bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit zu berufen.<hr>

 

Private Krankenversicherung: Keine Beschränkung der Kostenerstattung (hier: Heilmittel in Form von Ergotherapie) auf Höchstsätze; auf die übliche (taxmäßige) Vergütung nach § 612 BGB kommt es nicht an, wenn über die Vergütung eine Honorarvereinbarung abgeschlossen wurde

AG Lemgo, Urteil vom 04. Mai 2021 – 18 C 164/20

Die seitens der Beklagten vorgenommenen Kürzungen der Ergotherapiekosten sind nicht zulässig, weil sie nicht dem Krankheitskostenversicherungsvertrag entsprechen. Dem gesamten, zwischen den Parteien geltenden Vertragswerk einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind etwaige Kürzungen respektive Beschränkungen auf Höchstsätze für eine unstreitig ärztlich verordnete Ergotherapie nicht zu entnehmen, im Gegenteil umfasst der vertragliche Leistungsumfang, den die Beklagte dem Kläger schuldet, nach dem Tarif M4 BR4 gemäß des Versicherungsscheins vom […] , und Ziff. 1.5 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Tarifs M4 – BR4 im ambulanten Bereich die ärztlich verordneten Heilmittel, wozu auch die Kosten einer Ergotherapie zählen, zu 100%. Hieran vermag das seitens der Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 25.07.2019 übermittelte Verzeichnis nichts zu ändern, denn es fehlt insoweit evident an einer vertraglichen Grundlage. Eine Auswirkung auf die vertraglich geschuldete Leistung der Beklagten hat das Verzeichnis nicht. In dem Übersenden dieses Verzeichnisses unterbreitete die Beklagte dem Kläger allenfalls ein konkludentes Angebot auf Modifizierung des ursprünglichen Krankheitskostenversicherungsvertrag dergestalt, dass die Kosten der Ergotherapie nunmehr auf einen Höchstbetrag von 54,80 EUR zu begrenzen seien. Dieses Angebot lehnte der Kläger mit Email vom 01.08.2019 allerdings entschieden ab.

Die Höhe der Vergütung der Ergotherapeutin von 74,00 EUR / 45min ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte überzeugt nicht, sofern sie meint, nach § 612 Abs. 2 BGB sei als Maßstab für die Höhe der Vergütung der Ergotherapeutin die taxmäßige Vergütung heranzuziehen. Die Beklagte beachtet insoweit nicht, dass nach dieser gesetzlichen Vorschrift auf eine taxmäßige Vergütung lediglich dann zu rekurrieren ist, wenn die Höhe der Vergütung nicht vertraglich bestimmt ist. Dies ist hier allerdings nicht der Fall, die Vergütung ist hier bestimmt. Denn die Leistungen der Ergotherapeutin finden ihre rechtliche Grundlage unstreitig auf der Honorarvereinbarung zwischen ihr und dem Kläger, wonach 74,00 EUR / 45min vereinbart ist.

Die Beklagte dringt auch mit ihren Vergleichen zu der gesetzlichen Krankenkasse und zur Beihilfe nicht durch, denn das hier streitgegenständiiche Verhältnis zwischen den Parteien – als privates Krankenversicherungsverhältnis – ist schon wegen der grundlegenden Strukturunterschiede dieses Systems mit den Systemen der gesetzlichen Krankenversicherung und. der Beihilfe picht vergleichbar (BGH, Urt. v. 18.02.2009, iV ZR 11/07 m.w.N. – juris). Der Versicherer – die Beklagte – haftet in der hier vorliegenden privaten Krankheitskostenversicherung zum Kläger nach § 192 Abs. 1 VVG im vereinbarten Umfang (BGH, a.a.O.), Dies ist hier der Fall. Die hier geltend gemachten Kosten der ärztlich verordneten Ergotherapie entsprechen diesem vereinbarten Umfang, weil sie ihre Grundlage in dem Krankheitskostenversicherungsvertrag zwischen den Parteien finden.


BGH zur Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung

BGH, Urteil vom 14. April 2021 – IV ZR 36/20

Nach der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Beurteilung des Berufungsgerichts konnte ein Versicherungsnehmer den Mitteilungen nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen über dem geltenden Schwellenwert die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat. Die „Informationen zur Beitragsanpassung“ beschreiben in allgemein gehaltener Form die jährliche Durchführung der Prämienüberprüfung, ohne das Ergebnis der aktuellen Überprüfung mitzuteilen. Der Versicherungsnehmer muss daraus nicht den Schluss ziehen, dass die beschriebenen gesetzlichen Voraussetzungen einer Prämienerhöhung in diesem Fall eingetreten sind. Entgegen der Ansicht der Revision benennen auch die von ihr zitierten zusätzlichen Angaben in der Mitteilung zum 1. Januar 2015 nicht ausreichend die ausschlaggebende Rechnungsgrundlage als auslösenden Faktor der Prämienanpassung (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 – IV ZR 314/19, juris Rn. 35). Die Revision rügt daher bereits aus diesem Grund zu Unrecht, das Berufungsgericht habe die „Informationen zur Beitragsanpassung“ insoweit unberücksichtigt gelassen.

Schon wegen dieses Mangels der Mitteilungen konnten die Prämienerhöhungen noch keine Wirkung entfalten. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob – was die Revision in Frage stellt – weitere Beanstandungen des Berufungsgerichts hinsichtlich der Klarheit der Mitteilungen berechtigt sind.

Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in der Klageerwiderung nachgeholten Angaben zu den Gründen der Prämienanpassungen nur zu einer Heilung ex nunc führen, so dass die zum 1. Januar 2014 und zum 1. Januar 2015 vorgesehenen Prämienerhöhungen gemäß § 203 Abs. 5 VVG erst ab dem zweiten auf die Zustellung der Klageerwiderung am 8. Februar 2019 folgenden Monat, d.h. ab April 2019, wirksam wurden. Auf den Antrag des Klägers war daher die Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen bis zu diesem Zeitpunkt festzustellen. Wenn eine Mitteilung der Prämienanpassung zunächst ohne eine den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügende Begründung erfolgt, diese aber später nachgeholt wird, wird dadurch die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt (Senatsurteile vom 16. Dezember 2020 – IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 42; vom 19. Dezember 2018 – IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 66). Entgegen der Ansicht der Revision kann der Versicherer den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Prämienanpassung nicht in seiner Mitteilung unabhängig von diesen gesetzlichen Voraussetzungen selbst bestimmen.


Zur Auslandsreisekrankenversicherung

OLG Saarbrücken, Urteil vom 24. März 2021 – 5 U 26/20

Eine Klausel in den Bedingungen einer Auslandsreisekrankenversicherung, wonach Versicherungsschutz nur subsidiär gewährt wird und ein bei einem anderen Versicherer gehaltener Vertrag, der Versicherungsschutz für dieselbe Gefahr bietet, vorgeht, steht dem Ausgleichsanspruch des anderen Versicherers gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG nicht entgegen, wenn sie dem Versicherungsnehmer freistellt, welchem Versicherer er den Schadenfall anzeigt, und ihm auch zusagt, im Falle einer Schadensmeldung in Vorleistung zu treten.


Private Krankenversicherung: Zahnversicherung; Vertragsanpassung

OLG Frankfurt, Urteil vom 24. März 2021 – 7 U 44/20

Die Frage nach Anomalien in Bezug auf Zahn-/Kieferfehlstellungen ist unklar. Sie verlangt dem Versicherungsnehmer eine Wertung ab. Die Nichtangabe eine Backenzahnengstandes begründet keine Anzeigeverletzung.


Private Krankenversicherung: Beginn des Versicherungsschutzes vor Ende der Widerrufsfrist; konkludente Zustimmung des Versicherungsnehmers

Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 26. Februar 2021 – 4 U 307/20

1. § 9 Abs. 1 VVG ist eine Spezialregelung gegenüber den im BGB enthaltenen allgemeinen Vorschriften über die Widerrufsfolgen und verdrängt § 346 Abs. 1 BGB nur, wenn sie tatbestandsmäßig anwendbar ist (Anschluss an BGH, Urteil vom 13.09.2017, IV ZR 445/14, BGHZ 216, 1 ff. = NJW 2017, 3784 ff., juris Rn. 20).

2. Als Hinweis auf ein Widerrufsrecht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 VVG genügt ein grundsätzlicher Hinweis auf die Existenz eines Widerrufsrechts bzw. ein Hinweis darauf, dass überhaupt ein Widerrufsrecht besteht. Nicht erforderlich ist eine in jeder Hinsicht ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht, etwa über die formalen Anforderungen seiner Ausübung oder den Fristbeginn (Anschluss an OLG Karlsruhe, Urteil vom 17. Mai 2019, 12 U 141/17, VersR 2019, 865-868, juris Rn. 68).

Eine Zustimmung nach § 9 Abs. 1 S. 1 VVG kann auch konkludent erteilt werden.

3. Wird ein Versicherungsnehmer in einem fett gedruckten Absatz unmittelbar vor seiner Unterschrift wie folgt auf ein Widerrufsrecht hingewiesen:

„Bevor Sie diesen Antrag unterschreiben, lesen Sie bitte auf der Rückseite die „Vertragsgrundlagen und Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“. Sie enthalten unter anderem einen Hinweis auf das Widerrufsrecht ….“

und liegt der Vertragsbeginn nur drei Tage nach dem Datum der Antragsunterzeichnung, so liegt in der Antragstellung eine konkludente Zustimmungserklärung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 VVG, weil der Versicherer aufgrund dieser Umstände davon ausgehen darf, dass dem Versicherungsnehmer sein Widerrufsrecht bekannt ist. Dazu bedarf es nicht der Überlassung eines Durchschlags des Antragsformulars oder des Nachweises eines tatsächlichen Lesens.


Private Krankenversicherung: Anforderungen an die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie

BGH, Urteil vom 16. Dezember 2020 – IV ZR 294/19

Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG erfordert die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben.


Private Krankheitskostenversicherung: Klage auf Feststellung einer Erstattungspflicht hinsichtlich zukünftiger Immunglobulin-Behandlungen bei einer Neuromyotonie

LG Münster, Urteil vom 03. Dezember 2020 – 115 O 220/18

1. Eine Immunglobulin-Therapie ist bei einer Neuromyotonie erst dann die angezeigte Behandlungsmaßnahme, wenn medikamentöse Behandlungen – etwa mit cortisonsparenden Medikamenten – keine entsprechende Wirkung gezeigt oder nicht tolerable Nebenwirkungen hervorgerufen haben.

2. Sollte eine Immunglobulin-Therapie bei einem Versicherungsnehmer notwendig sein, kann jedoch zu deren Dauer und Intensität vorab nichts gesagt werden, handelt es sich nicht um konkret feststehende, bevorstehende Behandlungen, sondern nur um zukünftig mögliche Behandlungen, hinsichtlich derer der Versicherungsnehmer vorab keine Feststellung einer Erstattungspflicht verlangen kann.


Zu den Merkmalen eines Krankenhauses i.S.v. § 4 Abs. 4 MBKK 09

OLG Köln, Beschluss vom 13. November 2020 – I-9 U 166/20

Dass die Kranken von Ärzten und ausgebildetem Krankenpflegepersonal betreut werden, macht noch nicht das Wesen eines Krankenhauses aus; denn auch in Sanatorien und Kuranstalten werden Ärzte und Krankenpflegekräfte beschäftigt. In Krankenhäusern findet aber ein weitaus intensiverer Einsatz des medizinischen Personals statt. Charakteristisch ist vor allem die ständige ärztliche Überwachung des Heilungsverlaufs, insbesondere durch die täglichen Visiten des Arztes (BGH, Urt. v. 04.05.1983, – IVa ZR 113/81 -, VersR 1983, 677 ff. in juris Rn. 25 a.E).


Pflegetagegeldversicherung: Leistungsausschluss bei verspäteter Anzeige durch den Betreuer der Versicherungsnehmerin; Abgrenzung zwischen Ausschlussfrist und verhüllter Obliegenheit

OLG Frankfurt, Urteil vom 11. November 2020 – 7 U 36/19

Zu den Anforderungen an den Verschuldensmaßstab des Betreuers der Versicherungsnehmerin ubd zur Abgrenzung von Risikobegrenzung und verhüllter Obliegenheit

1. Die verspätete Anzeige des Versicherungsfalls in der Pflegetagegeldversicherung durch den Betreuer der Versicherungsnehmerin erfolgt unverschuldet, wenn der Betreuer den Inhalt des Versicherungsvertrags nicht kennt.

2. Bei der Klausel in Ziff. 1.3 Abs. 2 Satz 1 AVB über den Beginn des Leistungsanspruchs in der Pflegetagegeldversicherung handelt es sich um eine Ausschlussfrist und nicht um eine „verhüllte Obliegenheit“.


Private Krankenversicherung: Erstattungsfähigkeit der Kosten für den Einsatz eines Femtosekundenlasers

LG Köln, Urteil vom 04. November 2020 – 23 O 94/18

1. Der Einsatz eines Femtosekundenlasers bei einer Kataraktoperation kann medizinisch notwendig sein, weil er dem Patienten einen relativen medizinischen Vorteil gegenüber der konventionellen Behandlung verschafft.

2. Die Durchführung einer Kataraktoperation mittels Femtosekundenlasers kann gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ analog der Gebührenziffer 5855 GOÄ abgerechnet werden, da dessen Anwendung eine neue Behandlung der Intraokularlinse einführt, die die anschließende Kataraktoperation sicherer macht.


Rechtsmittel gegen Anordnung der Geheimhaltung

BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2020 – IV ZB 8/20

1. Gegen einen die Anordnung der Geheimhaltung nach § 174 Abs. 3 GVG ablehnenden Beschluss ist kein Rechtsmittel eröffnet.

2. Das gilt auch, wenn erst das Beschwerdegericht die in erster Instanz getroffene Anordnung aufhebt, selbst wenn es die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.


Private Krankheitskostenversicherung: Wirksamkeit von Wahlleistungsvereinbarungen; Rückzahlungsanspruch des Versicherers

OLG Köln, Urteil vom 29. September 2020 – 9 U 32/19

1. Das Vorliegen von Formverstößen im Rahmen des Abschlusses einer Wahlleistungsvereinbarung zwischen Krankenhausträger und Patient führt zur Nichtigkeit der Vereinbarung mit der Folge, dass von dem Patienten keinerlei Wahlleistungsentgelte gefordert werden können, wobei sich die Nichtigkeit auf einen etwaig zusätzlich geschlossenen Arztzusatzvertrag erstreckt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 1998, III ZR 169/97).

2. Dass nur der Patient die Wahlarzterklärung unterschrieben hat, stellt einen Verstoß gegen das sich aus § 17 Abs. 1 bis 3 KHEntgG ergebende Schriftformerfordernis dar, der gem. § 125 S. 1 BGB zur Nichtigkeit der Vereinbarung führt.

3. Zudem verstößt eine formularmäßige Vereinbarung, in der mehrere Vertreter benannt sind, gegen § 307 BGB und führt gemäß § 306 Abs. 2 und 3 BGB zur Unwirksamkeit des Vertrages in Gänze, da eine derart weite Vertretungsmöglichkeit gerade nicht mit dem Leitbild des § 4 Abs. 2 GOÄ i.V.m. § 613 BGB zu vereinbaren ist.

4. Die Unwirksamkeit einer Wahlleistungsvereinbarung zwischen einem Patienten und einem Krankenhausträger kann sich auch daraus ergeben, dass der Wahlarzt in der Vereinbarung nicht namentlich genannt ist.


Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen für Sportprothesen in der privaten Krankenversicherung

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28. September 2020 – 16 U 53/20

1. Wenn für die Erstattungsfähigkeit eines Hilfsmittels (hier: Sportprothese für Unterschenkel) gefordert ist, dass es eine körperliche Beeinträchtigung unmittelbar mildert oder ausgleicht, so wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer annehmen, dass eine Erstattungsfähigkeit gegeben ist, wenn das Hilfsmittel dazu geeignet ist, seine normalen (gesunden) Körperfunktionen wiederherzustellen oder sich dem jedenfalls anzunähern.

2. Zu der gewöhnlichen Funktion eines Unterschenkels gehört es auch, damit zu laufen und zu springen oder zu schwimmen und Bewegungsspiele auszuüben; derlei Betätigung ist Ausdruck normaler, zulässiger und weit verbreiteter Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, weshalb Hilfsmittel zu erstatten sind, die diese Funktionen wiederherstellen.

3. Will ein Versicherer Hilfsmittel für etwas so weit Verbreitetes wie den Sport ausschließen oder begrenzen, ist dies unzweideutig in den Bedingungen zum Ausdruck zu bringen.


Zulässigkeit einer Feststellungsklage über die Kostenerstattungspflicht im Rahmen einer privaten Krankenversicherung)

OLG Nürnberg, Urteil vom 17. September 2020 – 8 U 1311/20

1. Der Zulässigkeit einer Feststellungsklage betreffend die Kostenerstattungspflicht im Rahmen einer privaten Krankenversicherung steht nicht von vornherein entgegen, dass sie sich auf regelmäßig wiederkehrende physiotherapeutische Behandlungsmaßnahmen bezieht. Es ist auch nicht erforderlich, dass der klagende Versicherungsnehmer seine Einkommensverhältnisse und laufenden Ausgaben näher darlegt.

2. Ein Teilurteil über eine Feststellungsklage ist unzulässig, wenn der Versicherungsnehmer mit einer zugleich erhobenen Leistungsklage die Erstattung bereits angefallener Kosten für solche Behandlungsmaßnahmen verlangt und deren medizinische Notwendigkeit zwischen den Parteien streitig ist.


Private Krankenversicherung: Übernahme von Behandlungskosten für eine Liposuktion an den Beinen in einer Privatklinik

OLG Braunschweig, Urteil vom 16. September 2020 – 11 U 122/18

1. Von der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung ist auszugehen, wenn eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewandt wird, die geeignet ist, eine Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken (Anschluss an BGH, Urt. v. 29. März 2017 – IV ZR 533/15 m.w.N.). Ein Stufenverhältnis dahingehend, dass eine zur Verfügung stehende Methode erst dann zur Anwendung kommt, wenn sich eine andere als nicht erfolgversprechend erwiesen hat, besteht nicht (entgegen OLG Köln, Urt. v. 23. November 2012 – 20 U 96/10, VersR 2017, 608).

2. Ein Leistungsausschluss von Kosten ambulanter Behandlungen, die der Versicherte in einem Krankenhaus im Sinne des § 4 Abs. 4 MB/KK 94 hat durchführen lassen, ist vom Sinn und Zweck des § 4 Abs. 2 MB/KK 94 nicht gedeckt.

3. Eine Privatklinik verfügt auch dann über ausreichende diagnostische und therapeutische Mittel im Sinne von § 4 Abs. 4 MB/KK 94, wenn die dafür erforderlichen Leistungen im Wege der Ressourcenteilung aufgrund wirksamer vertraglicher Gestaltungen von Dritten erbracht werden.


Private Krankenversicherung: Vorrang der ambulanten vor der stationären Heilbehandlung

LG Mannheim, Urteil vom 10. September 2020 – 9 O 383/19

Eine stationäre Heilbehandlung ist nur dann medizinisch notwendig, wenn die spezifischen Einrichtungen des klinischen Krankenhausbetriebs zur Behandlung des bestehenden Leidens besser geeignet sind als die Möglichkeiten eines niedergelassenen Arztes oder eines Therapiezentrums.

1. Auch bei privaten Krankenversicherungen gilt der Vorrang der ambulanten vor der stationären Heilbehandlung, ohne dass es einer gesetzlichen Normierung im VVG wie in § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V bedarf.

2. Die Differenzierung und die Nachrangigkeit der stationären Behandlung ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer auch erkennbar.


Außerordentliche Kündigung eines Krankenversicherungsvertrages

OLG Nürnberg, Urteil vom 30. Juli 2020 – 8 U 49/20

1. Eine durch die mitversicherte Person begangene schwerwiegende Vertragsverletzung berechtigt nicht ohne weiteres zur außerordentlichen Kündigung des gesamten Krankenversicherungsvertrages, d.h. auch der Eigenversicherung des Versicherungsnehmers.

2. Ein mitversicherter Ehegatte, der die ihn betreffenden Erstattungsanträge aufgrund langjähriger Arbeitsteilung eigenständig beim Krankenversicherer einreicht, ist bezogen auf die Eigenversicherung des anderen Ehegatten (Versicherungsnehmer) nicht dessen Repräsentant.

3. Es stellt in der Regel keine schuldhafte Pflichtverletzung dar, wenn ein Versicherer mit vertretbarer Begründung die außerordentliche Kündigung eines Krankenversicherungsvertrages erklärt.


Private Krankenversicherung: Hinweis des Versicherers auf die erforderliche Vorlage von Nachweisen bei Kündigung des Versicherungsnehmers wegen Eintritts der gesetzlichen Versicherungspflicht

OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Juli 2020 – 9 U 42/18

1. Der Hinweis des Versicherers gem. § 205 Abs. 2 S. 2 VVG muss sich auf eine bestimmte Kündigungserklärung des Versicherungsnehmers beziehen. Wiederholt der Versicherungsnehmer seine Kündigung, muss der Versicherer auch auf die zweite Erklärung mit einem Hinweis gem. § 205 Abs. 2 S. 2 VVG reagieren.

2. Der Hinweis des Versicherers gem. § 205 Abs. 2 S. 2 VVG muss nicht nur die vom Versicherungsnehmer vorzulegenden Nachweise über den Eintritt der Versicherungspflicht zutreffend beschreiben. Der Versicherer muss vielmehr gleichzeitig die Folgen einer nicht fristgemäßen Vorlage der Nachweise deutlich machen (Unwirksamwerden der Kündigung).

3. Die Regelung in § 205 Abs. 6 VVG (Kündigung einer privaten Krankenversicherung bei einem Wechsel zu einem anderen Krankenversicherer) ist entgegen dem Wortlaut (Bezugnahme auf die „Absätze 1 bis 5“) auf eine Kündigung gem. § 205 Abs. 2 VVG (Eintritt der Versicherungspflicht) nicht anwendbar.


Private Krankenversicherung: Kostentragung für eine begleitend zu einer In-vitro-Fertilisation (IVF) mit intracytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) durchgeführten Präimplantationsdiagnostik

BGH, Urteil vom 20. Mai 2020 – IV ZR 125/19

Die Kosten einer begleitend zu einer In-vitro-Fertilisation (IVF) mit intracytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) durchgeführten Präimplantationsdiagnostik muss der private Krankenversicherer nicht erstatten.


Private Krankenversicherung: Schadensersatzanspruch aufgrund der Ablehnung eines Antrags auf Krankenversicherung im Basistarif; Kostenentscheidung bei teilweiser Klagerücknahme

OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. Februar 2020 – I-4 U 72/18

1. Der Wegfall des Anlasses i.S.d. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO kann sich nicht allein aus einer Erfüllung, sondern auch aus anderen Umständen ergeben, die dazu führen, dass ein Rechtsschutzbegehren unzulässig oder unbegründet geworden ist

2. Hat ein Versicherer den Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages im Basistarif aufgrund gesetzwidrigen Verhaltens abgelehnt und einen Versicherungsinteressenten hierdurch veranlasst, sich an einen anderen Versicherer zu wenden und bei diesem einen Antrag auf Aufnahme in den Basistarif zu stellen, der ihn sodann im Zeitraum zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit im Basistarif versichert hat, ist das Klagebegehren auf Gewährung einer Krankenversicherung im Basistarif unbegründet geworden.

3. Dass eine Belastung mit allen Kosten des zurückgenommenen Klagebegehrens billigem Ermessen widerspricht, liegt angesichts des gesetzwidrigen Verhaltens des ablehnenden Versicherers auf der Hand.


Rücktritt vom Vertrag wegen vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung

OLG Hamm, Urteil vom 28. Februar 2020 – I-20 U 160/19

Der VN hat Kenntnis von Vorerkrankungen auch dann, wenn er sich bei zumutbarer Anstrengung seines Gedächtnisses daran erinnern kann. Zu den weiteren Voraussetzungen für eine wirksame Rücktrittserklärung des Versicherers (hier ebenfalls bejaht).

1. § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG umfasst nicht nur die Obliegenheit zur Anzeige des dem Versicherungsnehmer „aktuell vorhandenen jederzeit verfügbaren Wissens“, sondern auch desjenigen Wissens, an das sich der Versicherungsnehmer bei „zumutbarer Anstrengung seines Gedächtnisses“ (BGH, 11. Februar 2009, IV ZR 26/06) bzw. bei „angemessenen Bemühungen“, sich zu erinnern, hätte erinnern können.

2. Bei einem möglichen HWS-Trauma und nach einem Unfall bestehenden Rückenbeschwerden handelt es sich nicht um eine Bagatelle.

3. Nutzt der Versicherer kein gesondertes Dokument, muss sich die Belehrung durch ihre Platzierung und drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text derart abheben, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist (vgl. BGH, 9. Januar 2013, IV ZR 197/11).


Bezug von Altersrente beendet das Krankentagegeld-Versicherungsverhältnis

Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 12. Februar 2020 – 11 U 150/17

1. Die in einem Krankentagegeldversicherungsvertrag enthaltene Regelung, dass nicht versicherungsfähig ist, wer Rente wegen Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Altersruhegeld bezieht, hält einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand und ist nicht überraschend.

2. Der Krankentagegeldversicherer hat das vereinbarte Krankentagegeld nur für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu zahlen. Ein verständiger Versicherungsnehmer wird verstehen, dass die Krankentagegeldversicherung dem Schutz vor krankheitsbedingtem Verlust von Arbeitseinkommen dient. Dieses Schutzes bedarf er dann nicht mehr, wenn sein Unterhalt aus zu zahlenden Renten, Pensionen oder sonstigen Altersruhegeldern bestritten wird, so dass eine Absicherung wegen Verdienstausfällen überflüssig ist.

3. Ein vereinbarter Wegfall des Krankentagegeldes und die Beendigung des Versicherungsverhältnisses sind nicht wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz unter dem Gesichtspunkt der Altersdiskriminierung unwirksam.

Private Pflegetagegeldversicherung: Umfang der vorvertraglichen Anzeigepflicht für Vorerkrankungen aufgrund der Gesundheitsfragen des Versicherers

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28. Januar 2020 – 9 U 13/18

1. Sehen die Gesundheitsfragen des Versicherers bei einer umfassenden Frage nach chronischen Krankheiten als Antwortmöglichkeiten nur „ja“ oder „nein“ vor, reicht es aus, wenn der Versicherungsnehmer das Kästchen „ja“ ankreuzt, ohne die Erkrankungen zu konkretisieren. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Formular keine Zusatzfrage und keinen freien Raum für eine Erläuterung enthält.

2. Füllt der Versicherungsnehmer neben dem Antrag eine „Zusatzerklärung Gelenkbeschwerden“ aus, lässt dies nicht den Schluss zu, dass er daneben an keiner anderen chronischen Krankheit leidet, wenn alle Fragen zu den Gelenkbeschwerden vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet werden.

3. Ist nach dem Formularkonzept des Versicherers bei chronischen Krankheiten vom Versicherungsnehmer ein weiteres Zusatzformular „Krankenversicherung und Pflegepflichtversicherung“ mit dem Antrag vorzulegen, ergibt sich aus dem Fehlen dieses Formulars keine Anzeigepflichtverletzung. Es ist Sache des Versicherers, darüber zu entscheiden, ob er vor der Annahme des Antrags die Vorlage dieses weiteren Formulars verlangt.


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