Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 18.09.2015, Az. 6 O 40/15 (nicht rechtskräftig)
Ziffer 2.2 Satz 4 der BB Kinder-Sorglos-Schutz 2010 ist intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Klausel lautet wie folgt:
„Dies bedeutet, angeborene Krankheiten sind auch dann vom Versicherungsschutz ausgenommen, wenn sie bei Vertragsschluss noch nicht bekannt waren und innerhalb der oben genannten Karenzzeit behandelt oder diagnostiziert wurden.“
Mit dem hier maßgeblichen Satz 4 der Ziffer 2.2 der BB Kinder-Sorglos-Schutz 2010 wird nunmehr diese für angeborene Krankhelten maßgebliche Erkennungsphase auf einen für den Versicherungsnehmer nicht mehr erkennbaren Zeltraum hinaus ausgedehnt. Es genügt nämlich für den Rislkoausschluss, dass innerhalb der Karenzzeit von einem Jahr die jenigen ärztlichen Befunde erhoben werden, auf denen die Diagnose der angeborenen Krankheit maßgeblich basiert.
Damit ist sowohl der Umfang der möglichen Befunde, die mit der angeborenen Krankheit für den Versicherungsnehmer einerseits in einem nicht sofort erkennbaren und nachvollziehbaren Zusammenhang stehen müssen, als auch die Wirkungsdauer dieser Befunde, die auch noch Jahre nach dem ersten Befund innerhalb der Karenzzelt als maßgeblich eingestuft werden können, nicht mehr erkennbar. Insbesondere der zweite Aspekt führt dazu, dass der Versicherungsnehmer bei jedem Befund, der Innerhalb der Karenzzelt erhoben wird, auch noch Jahre später damit rechnen müsste, dass bei dann festgestellten angeborenen Krankhelten er sich einem Rislkoausschluss ausgesetzt sieht. Die Besonderen Versicherungsbedingungen vermitteln mit der Formulierung „KInder-Sorglos-Schutz“ demgegenüber das genaue Gegenteil.
Nach Ablauf der einjährigen Karenzzelt nach Ziffer 2.2. Satz 1 der BB Kinder-Sorglos-Schutz 2010 soll Vertrauen und damit Sicherheit für die um das Wohl ihrer Kinder besorgten Eltern, die typische Zielgruppe dieser Kinder-Sorglos-Schutz-Versicherung sind, vermittelt werden. Die unbestimmten Ausdehnung der Karenzzelt auf jeden Befund, der gerade bei Kleinkindern durch die häufigen Vorsorgeuntersuchungen – hier bis zur U 6 – erhoben werden, führt jedoch nach den Verständnismöglichkelten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse zu einer deutlichen Lücke dieser durch die Versiche rung und Ihre In Satz 1 bis 3 der streitigen Klausel noch nachvollziehbaren Risikoausschlüsse.
Das bei den Eltern durch Fürsorge für ihre Kinder bestehende Sicherheitsbedürfnis, das Ihre hier maßgeblichen Versicherungsinteressen allein bestimmt, wird durch die unbestimmte Ausdehnung der Karenzzelt ins Gegenteil verkehrt. Bei jedem einzelnen Befund Innerhalb der Karenzzelt gewänne die Unsicherheit Raum, ob dieser Befund eventuell auch noch Jahre später Im Rahmen der Feststellung angeborener Krankhelten den Versicherungsschutz entfallen ließe. Es ist eben nicht mehr erkennbar, wann die Karenz zelt beendet Ist.
Diese Unklarheit wird auch nicht dadurch beseitigt, dass nur solche Befunde relevant sein sollen, auf denen die spätere Diagnose maßgeblich beruht. Die entsprechende Klausel lautet:
„Der Versicherungsschutz gilt auch dann als ausgeschlossen, wenn innerhalb der Karenzzeit diejenigen Befunde erhoben wurden, auf denen die Diagnose maßgeblich beruht.“
Denn auch das Kriterium der Maßgeblichkeit lässt der Auslegung fast unbegrenzt Raum. Eine durch Satz 4 der Ziffer 2.2. der BB KInder-Sorglos-Schutz 2010 geschaffene generelle Unklarheit wird nicht beseitigt, sondern geradezu nochmals manifestiert. Die sehr weite und damit unklare Karenzregelung gewinnt gerade keine notwendige Einschränkung.
Sie ist daher intransparent Im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und somit unwirksam.
MPK-Hinweis
Die Folge ist, dass unsere Mandantin eine lebenslange monatliche Unfallrente erhält, da sich die Versicherung gerade nicht auf die unwirksame Klausel berufen kann. Das Urteil des LG Karlsruhe vom 18.09.2015 ist aber noch nicht rechtskräftig.