Tränen bei einer Mandantin

Eine Gerichtsverhandlung hat zu Tränen bei einer Mandantin geführt. Sie hat uns beauftragt, ihre gesetzliche Krankenkasse zu verklagen. Die Frau ist psychisch schwer erkrankt. Es gibt aber ein Medikament, das ihr hilft. Aber: Die Kasse hat nur 77 Euro pro Quartal für ein Medikament übernommen, obwohl die Tabletten pro Quartal knapp 500 Euro kosten. Unsere Mandantin hatte bislang Kosten in Höhe von 3.900 Euro – weil die Frau mittellos ist, ist ihre Mutter eingesprungen und hat die Kosten übernommen.

Warum hat die Krankenkasse nur 77 Euro gezahlt?

Die Kasse argumentierte: Es gibt 21 andere Medikamante, die denselben Wirkstoff haben, die günstiger sind. Deshalb werden nur 77 Euro pro Quartal übernommen, das ist der Preis für das günstigste Medikament mit dem Wirkstoff.

Unsere Mandantin hatte jedoch bereits fünf andere Tabletten ausprobiert. Sie haben ihr nicht geholfen. Weitere Medikamnte wollte sie nicht ausprobieren. Denn es sei ihr nicht zumutbar. Es dauert knapp jeweils zwei Monate, bis die Ärzte feststellen können, ob das jeweilige Medikament hilft. Sie hat also bereits zehn Monate damit verbracht, verschiedene Medikamente zu testen. Im schlimmsten Fall müsste sie somit 3,5 Jahre als Versuchskaninchen herhalten (21 Medikamente zu je zwei Monate).

Warum hat die Mandantin geweint?

Vor einigen Tagen fand nun die mündliche Verhandlung beim Sozialgericht Detmold statt. Die Richter teilten mit, dass sie sich nicht sicher sind, wie sie entscheiden werden, da das höchste deutsche Gericht in solchen Fällen (das Bundessozialgericht – BSG) verlangt, dass alle Medikamente ausprobiert werden müssten – es sei denn, das Ausprobieren sei nicht zumutbar. Ob in diesem Fall eine Zumutbarkeit nicht vorliege, sei nicht eindeutig.

Nach diesem Hinweis haben wir mit der Krankenkasse, die von einem Sachbearbeiter im Gerichtssaal vertreten war, eine gütliche Einigung getroffen. Die Kasse erstattet keine Kosten aus der Vergangenheit – aber sie verpflichtet sich, die zukünftigen Kosten in voller Höhe zu übernehmen.

Als unsere Mandantin das realisiert hat, brach sie vor Freude und Glück in Tränen aus. „Ein toller Erfolg für unsere Mandantin“, freut sich Rechtsanwalt Penteridis, der den Fall bearbeitet hat. „Die Einigung mit der Kasse war sinnvoll, da das Risiko einfach zu groß gewesen wäre für die Frau. Denn entweder hätte es ein Alles oder Nichts gegeben“, ergänzt der Fachanwalt für Medizinrecht und Sozialrecht und Versicherungsrecht. „Mit dieser Einigung ist die Zukunft abgesichert. Die Freudentränen haben mich sehr berührt“, berichtet der Anwalt aus dem Kreis Paderborn in NRW.

Az.: SG Detmold – S 3 KR 3833/20

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